Rezension zu Good Omens | Engel und Dämon werden beste Freunde

Die sechsteilige Miniserie Good Omens hat in den USA zu unfreiwillig komischen Protesten geführt, indem besorgte Menschen eine Petition starteten, dass der Streaming-Anbieter Netflix die Serie absetzen solle.

Jedoch gibt es erstens nichts abzusetzen, da die Serie aufgrund der Buchvorlage von Neil Gaiman und dem leider verstorbenen Terry Pratchett in sich abgeschlossen und damit auserzählt ist.

Zweitens hat Netflix die Serie nie ausgestrahlt, sondern Amazon Prime.†


Sei es, wie es sei: Mehr als Grund genug für mich, die Serienadaption, dieses großartigen Buches selber anzuschauen.

Worum es geht

Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Der Dämon Crowley und der Engel Aziraphale erfahren, dass der Antichrist geboren wird und wollen die damit einhergehende Apokalypse aufhalten, da sich beide so an die Erde gewöhnt haben und das Leben hier genießen.

Soweit ist die Handlung bereits ähnlich mehrfach in Serien, Filmen und Videospielen vorgekommen (u.a. hier, hier oder hier).

Was diese Geschichte so besonders macht, ist zum einen der Humor, der vor allem Pratchett Fans ein Genuss sein wird und die teils Detailverliebten kleinen Anspielungen auf die christliche Motivik.

So war Aziraphale bereits im Garten Eden der Wächter des Osttores und die Schlange im Garten war niemand anderes als Crowley. Beide haben sich nach der Vertreibung von Adam und Eva jedoch nicht gestritten, sondern je Ihre Arbeit anerkennend miteinander unterhalten.

Durch die Geschichte sind die beiden sich beim Eingreifen in die Weltgeschicke immer wieder begegnet und haben sich gegenseitig dabei kleine Hilfestellungen gegeben. So sind Engel und Dämon nach und nach – ohne es je so zu nennen – Freunde geworden.

Elf Jahre vor der Haupthandlung der Geschichte wird nun der prophezeite Antichrist geboren und die Mächte von Himmel und Hölle sehnen sich der letzten Schlacht entgegen.

Doch Crowley und Aziraphale haben andere Pläne. Sie wollen den Antichrist bei der Geburt gegen einen anderen Jungen austauschen. So werden Adam und Warlock kurzerhand ausgetauscht – und durch die „Nonnen“, die den Antichrist im Auftrag der Hölle beschützen sollen, werden die beiden versehentlich so oft hin und her geschoben, dass niemand mehr so recht weiß, wer wer ist.

So begleiten und beeinflussen die beiden elf Jahre lang Warlock, während der echte Antichrist, Adam, normal aufwächst.

Parallel dazu werden je Szenen eingespielt, in denen die vier Reiter der Apokalypse ihre Kronen zugestellt bekommen (per Paketbote natürlich), als Zeichen, dafür dass Sie sich bereit machen sollen. So lernen wir Krieg, Hungersnot, Umweltverschmutzung (Pest, so erfahren wir, ist in den Ruhestand gegangen) und Tod kennen. Stilecht und zeitgemäß reiten sie auf Motorrädern.

Zudem sind auch die weiteren Nebencharaktere und deren Geschichte herzlich erzählt, ob Hexe, Hexenfinder, Engel, Dämonen oder andere.

Warum es für Kirche interessant sein kann

  • Theologisch interessant ist [SPOILERALARM], dass die Reiter der Apokalypse schließlich von Kindern besiegt werden, indem diese dem Glauben an die Reiter je Ihre Hoffnungen und Wünsche an das Gegenteil entgegenstellen. „Ich glaube an eine Welt voller Frieden.“
    Hier fiel mir sofort der Bibelvers ein: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ (Röm 12, 21).
  • Auf Adams Tür steht, als er Hausarrest hat „Adam – keep out„. Bei dieser Anspielung auf den Garten Eden musste ich schmunzeln, auch wenn Adam dies selber an seine Tür geschrieben hat.
  • Gott spricht als Voice-Over über Adam, den Antichristen: „Adam hat nie verstanden, warum es Äpfel geben sollte, die man nicht essen sollte.“
    Hier wird der Erste Adam mit dem Schicksal der Menschheit und im Grunde auch mit dem letzten (im Grunde allzu menschlichen) elfjährigem Adam in eine Verbindung gebracht.
  • Die Serie ist voller Charaktere, die im Kern weder gut noch böse sind. Besonders unterstrichen wird dies durch Aziraphales und Crowleys List, durch die sie auch für die anderen Engel und Dämonen mehr zu sein scheinen, als reine Engel und Dämonen. Wenn sogar Engel und Dämonen nicht eindeutig gut und böse sein können, wie sollten Menschen es je werden?
  • Es gibt zahlreiche detailverliebte Anspielungen, die zeigen, dass das Quellmaterial wirklich tiefergehen analysiert wurde. So korrigiert ein Dämon seinen Vorgesetzten, als dieser die Schlacht von Armageddon erwähnt. Er sagt, eigentlich sei es die Schlacht von Megiddo, da dies aus dem Aramäischen kommt. „Und er versammelte sie an einen Ort, der heißt auf Hebräisch Harmagedon.“ (Offb 16, 16).
  • Endlich wird das Einhorn-Problem der Arche Noah geklärt! (Es lag niicht an Crowley)