Rezension: Preacher S01-S03 – Ein Priester sucht Gott… in New Orleans

Als Comic-Fan und Theologe gibt es eigentlich keine Entschuldugung, warum ich nie die Comicreihe „Preacher“ gelesen habe, bevor ich mit der Serie anfing.
Ich wollte die Comics immer gut finden, doch die krasse „late 80s, early 90s“ Ästhetik hat mich immer abgeschreckt.

Seit mittlerweile drei Staffeln läuft die Serie nun und ich habe einen Teil der Comics aufgeholt.

Das Sourcematerial im Comic und die Serie unterscheiden sich dabei teils sehr. Wobei ich die Serie vom Look und der Erzählung her deutlich zeitgemäßer finde.

Worum geht die Serie? – vorsicht Spoiler

Hauptcharakter ist Jesse Custer, ein Prediger im Niemandsland, irgendwo in den Südstaaten der USA mit einer mysteriösen Vergangenheit – Das Gesetz und er hatten Konflikte.
Seine Gemeinde ist klein und hört nicht auf seine ehrlich gemeinten, aber uninspirierten Predigten. Fast Niemanden interessiert, was der Pfarrer von sich gibt – mit Ausnahme von Eugene, der eine sehr tragische Vorgeschichte hatte („Assface“).

Auf einmal ergreift eine unsichtbare Macht von Jesse, dem Pfarrer Besitz. Später stellt sich heraus, dies ist die GENESIS – Die Kraft/Das Kind, das aus dem verbotenen Verhältnis eines Engels mit einem Dämonen entstanden ist.

Zwei Engel hatten den Auftrag dafür zu sorgen, dass GENESIS nicht aus dem Himmel entkommt. Nun sind sie auf der Erde und suchen nach GENESIS, also auch nach Jesse.

Was aber ist GENESIS?
Nun, als der geplagte Eugene zu seinem geistlichen Beistand Jesse geht und ihm zum wiederholten Male mit seinen Sorgen und Nöten langweilt, antwortet Jesse „Geh zur Hölle“. Der Boden in der Kirche unter Eugene geht auf und Eugene wird hinabgezogen…

Das ist Jesse`s neue Kraft, die er mit GENESIS inne hat.

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, sei erwähnt, dass zeitnah Tulip und Cassidy an Jesse`s Seite sein werden.
Tulip war seine Geliebte und jahrelange Gefährtin in allerlei krummen Geschäften, die nach ihrem Jesse sehen will, als sie erfuhr, dass dieser Pfarrer wurde.
Cassisdy ist einfach Cassidy – und ein Vampir.

In der ersten Staffel erfahren wir ein wenig mehr über GENESIS und erfahren, dass Gott den Himmel verlassen hat um sich auf der Erde eine Auszeit zu nehmen.
Jesse fasst den Entschluss GENESIS nicht an die Engel zurückzugeben, sondern stattdessen Gott zu suchen.

In der zweiten Staffel geht diese Suche nach einem Roadtrip in New Orleans weiter – wo Gott für uns Zuschauer erkennbar auch die gesamte Staffel über war. Cassidy setzt sich mit seinem alt gewordenen, sterblichen Sohn auseinander, der auch ein Vampir werden will. Und Tulip gerät in Gefahr als sie ihrem Mann in New Orleans begegnet.

Zudem werden die verschwörerische und apokalyptische internationale Vereinigung „the grail“ vorgestellt sowie Eugene`s Erlebnisse in der Hölle gezeigt.
Jesse verliert GENESIS an the grail.

Erst in der dritten Staffel, die sich mit Jesse`s Vergangenheit und Cassidy`s Vampirdasein beschäftigen, interagiert Gott mit Tulip.

Während Jesse GENESIS zurück erlangen möchte redet der im ganzkörper Hundekostüm gekleidete Biker (Gott) mit Tulip und gibt ihr allein einen Auftrag…

Warum die Serie sich lohnt

Bei allem Irrsinn und aller überzeichneten Gewalt ist die Serie dennoch mit einer Tiefe ausgestattet.
Es werden Fragen  gestellt, die gesellschaftlich relevant sind und auf die Jesse versucht Antworten zu finden. Die Betonung liegt auf „versucht“.
Er ist zwar Prediger und versucht sein Handeln am Ende immer an seiner religiösen Überzugung auszurichten, aber weder als Zuschauer bin ich – noch ist Jesse mit seinem Weg uneingeschränkt einverstanden. Er möchte das Richtige tun. Er wollte seine kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen – sich ändern. Eine Gemeinde als Pastor begleiten und an Gottes Geboten ausrichten…

Nichts davon ist im Gelungen. Er hat Gott nicht gefunden. Und das gilt im doppelten Sinne:
Er weiß, dass Gott auf der Erde ist und er will Ihn mit Hilfe der GENESIS finden. Gott ist auch immer in seiner Nähe, aber nie für Jesse erreichbar. Gott zeigt sich ihm nicht – auch nicht, wenn es darum geht der neue Messias zu werden.
Auf der anderen Seite bleibt Jesse seit der ersten Folge Suchender im Glauben (nicht nur im Wissen). Kann er sich ändern. Muss er sich dazu selbst verleugnen und alles aus seiner Vergangenheit verschwiegen bzw. wegradieren.

Nach drei Staffeln scheint es als wäre er in beiderlei Sinne immer weiter weg von Gott – faktisch und im Glauben.
Ist das vielleicht der Punkt an dem Jesse erkennen muss, dass er Gott nur näher kommen kann, wenn er aufhört zu versuchen Jemand zu sein, der er nicht ist?
Sicher kann die „Moral“ nicht sein, mordend und selbstgefällig durch die Gegend zu ziehen und das Gesetz dabei gerne zu ignorieren. Aber seine ehrliche Liebe zu Tulip ist tiefer als sein Narzissmus. Hier und in der Freundschaft zu Cassidy scheinen Stärken zu liegen und Werte, die ihn näher zu Gott bringen könnten.
Zumal Gott sich Tulip bereits „geoffenbart“ hat.

Darüber hinaus gibt es mit den Engeln sowie der Darstellung der Hölle, des Todesengels, Satan und Hitler (!) sehr – sagen wir – einzigartige Interpretationen, die es Wert sind einmal gesehen zu haben.