„Was bringt es einem Gott zu dienen, wenn keiner weiß, was er will?“, fragt Jon Schnee seinen Begleiter Beric angesichts des wahrscheinlichen Leids auf das beide zugehen.
Die ungleichen Männer kämpfen hier für das Gute – aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Beric Dondarrion ist wegen einer Vision seines Gottes unterwegs in die unbekannte Gefahr.
Beide wissen, dass es eine große Chance gibt, diesmal nicht zu überleben. Aber Beric ist das egal, er weiß: sein Gott hat einen Plan für ihn. Auch wenn er ihn nicht kennt. Auch wenn er dabei sterben könnte.
So hält er auch ein Bestattungsritual für einen seiner Glaubensbrüder ab, im wortwörtlichen Gegenüber seiner Feinde. Beric nimmt das Übel an, schaut nicht weg. Obwohl er – oder vielleicht gerade weil er glaubt.
Der Prophet Jesaja formuliert es in der Bibel so:
Fürwahr, du bist ein verborgener Gott, du Gott Israels, der Heiland.
(Jes 45, 15)
In unserem Glauben ist die Lehre vom abwesenden Gott (deus absoconditus), der Leid geschehen lässt, der seinen Willen nicht zeigt, eine der großen Herausforderungen.
Auch Dietrich Bonhoeffer hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt.
Bonhoeffer wusste, Gott hat ihm im Leben viel Gutes geschenkt und so konnte er voller Zuversicht auch in der Gefangenschaft im Angesicht des eigenen Todes noch dichten:
„Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
…
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.“
Dieses Gedicht ist heute eines der schönsten Lieder in unseren Gesangbüchern für den Gottesdienst. Aber: nehmen wir diese 3. Strophe auch selber ernst?
Können wir Leid hinnehmen und dennoch Gott dankbar sein und ihm weiter vertrauen?
Seinen Willen nicht verstehen, aber Zuversicht behalten?
Ist es nicht viel eher die Erfahrung, dass wir uns angesichts von Leid, Naturkatastrophen oder Terror fragen, wo Gott bei alle dem ist?
Anders gefragt, mit den Worten von Jon Schnee:
„Was bringt es einem Gott zu dienen, wenn keiner weiß, was er will?“
Beric hat eine einfache Antwort:
„Ich denke nicht, dass es unsere Aufgabe ist, zu verstehen. Wir müssen nur wissen, wofür wir einstehen.“ Er selber kämpft für das Leben.
Die Frage nach dem verborgenen Gott ist für uns damit noch nicht so zufriedenstellend beantwortet, wie hier in Game of Thrones. Sie bleibt bestehen und das darf sie auch, wenn wir sie ernstnehmen.
Wir dürfen zweifeln, dürfen angesichts von Hass und Gewalt nach Gott fragen.
Wichtig ist aber gerade dann, dass wir uns auch in Erinnerung rufen, dass Gott nicht nur der abwesende, uns ferne Gott ist.
Im Leben, Wirken, Sterben und Auferstehen Jesu hat sich Gott voll und ganz uns Menschen zugewandt und versprochen, er ist bei uns alle Tage, bis an der Welt Ende!
Nicht umsonst beginnt Bonhoeffers Gedicht mit dem Vers:
Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar.
(zuerst veröffentlicht auf Facebook 08/2017 unter @kirchehannovers)