„Wie ein weiser Mann einmal gesagt hat: ‚Du solltest nie an etwas glauben, nur weil du daran glauben möchtest‘“, so fasst Tyrion Lannister seine Haltung zum Glauben in der neuesten Episode von Game of Thrones zusammen.
Sein Charakter wurde bislang stets als Zweifler oder gar Atheist dargestellt. Er glaubt nicht an die alten oder die neuen Götter. Und doch ist er es, der durch seine Worte Königin Daenerys nun dazu bewegt, Dinge im neuen Licht zu betrachten.
Sie verfolgte bislang ausschließlich die Eroberung von ganz Westeros.
Als gerechte Königin ist ihr dabei wichtig, dass so wenig Unschuldige sterben, wie möglich und dass ihr die Menschen in folgen.
Dazu verzichtet Sie auf einen schnellen Sieg. Aber außer an ihr Geburtsrecht zur Herrschaft und an sich selber, glaubte sie an nichts. Dazu habe sie zu viel erlebt, sagt sie.
In einer Schlüsselszene der Folge fragt sie Tyrion, ihren Berater, ob sie der Warnung einer unbekannten Gefahr aus dem Norden Glauben schenken soll. Sie fragt ihn: “Glaubst du daran?“, worauf die eingangs zitierte Antwort zum Glauben kommt.
Die Antwort bedeutet im Kontext, dass er an die Warnung glaubt und das eben nicht, weil es der bequeme Weg ist. Im Gegenteil, es macht alles viel schwieriger. Er möchte nicht daran glauben, aber er tut es. Obwohl – und weil! – er selber viel erlebt hat.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, dieses Wort aus Psalm 31, 9b beschreibt die Freiheit des Glaubens eindrücklich.
Weite: das bedeutet Freiheit – aber auch Risiko. Viele Möglichkeiten, viele Unklarheiten. Und doch wissen wir, dass Gott uns in den Raum stellt, bei allem, was uns geschieht, ist er bei uns. Auch in allem Leid, auf allen Irrwegen, in aller Ungerechtigkeit.
In der geschilderten Szene passiert etwas mit Daenerys. Sicher hatte sie schon viele Züge einer guten Königin. Aber nun tritt mit Ihrem beginnenden Vertrauen in den warnenden Jon Snow, eine neue Komponente hinzu:
Bislang war ihre Herrschaft mit Gesetz, Geburtsrecht und Gerechtigkeit verknüpft, jetzt lässt sie etwas Neues zu; beginnt die Weite des Raumes neu zu erfahren.
Sie versteht, dass sie ihre Ziele nur erreichen kann, wenn sie Glauben und Vertrauen wagt – gerade weil sie zu viel erlebt hat.
Und auch wenn dieser Glauben schwerfällt, gibt er ihr eine neue Perspektive – eine neue Freiheit:
„Ehe aber der Glaube kam, waren wir unter dem Gesetz verwahrt und eingeschlossen, bis der Glaube offenbart werden sollte“, heißt es im Galaterbrief (Gal 3,23)
Dieser Vers spricht sehr gut den inneren Wandel, den Daenerys vollzieht.
Vertrauen schenken, obwohl Erlebtes dagegen spricht.
Das kann eine grundlegende Glaubens- und Befreiungserfahrungen sein.
Der atheistische Charakter Tyrion erklärt hier, so verstanden, in wenigen Worten eines der großen Geheimnisse des Glaubens. Der weise Mann, den er zitiert, ist daher folgerichtig er selber.
(zuerst veröffentlicht auf Facebook 08/2017 unter @kirchehannovers)